Testbericht über die Seiko Velatura

Der mechanische Chronograph Velaturavon Seiko hat nicht nur eine, sondern drei vertikale Kupplungen. In diesem ausführlichen Bericht aus unserem Archiv nimmt Martina Richter von WatchTime diese höchst ungewöhnliche Sportuhr unter die Lupe; die Zuckerfabrik Fotodesign hat die Originalfotos zur Verfügung gestellt.

Das Kaliber 8R28 von Seiko ist das fortschrittlichste automatische Chronographenwerk, das die japanische Uhrenfirma je gebaut hat. Die Uhr, die es antreibt – der Velatura-Chronograph – ist ein Beweis dafür, dass Seiko eine echte Manufaktur für mechanische Uhren ist, eine Rolle, die viele Uhrenkenner in den USA noch nicht kennen, die die Marke hauptsächlich mit Quarz-Zeitmessern assoziieren.

Das vertikale Kupplungs- und Säulenradsystem des Uhrwerks ist keine neue Entwicklung. Im Jahr 1969 war Seiko der erste Hersteller, der diese beiden Technologien in seinem mechanischen Chronographenwerk, dem Kaliber 6139, vereinte. Während das klassische Säulenrad für einen zuverlässigen und präzisen Gang sorgt, garantiert die vertikale Kupplung, dass der Sekundenzeiger des Chronographen beim Aktivieren der Stoppuhr sanft und ohne Sprünge startet. Diese Eigenschaften sind charakteristisch für alle Chronographen mit Säulenrad und vertikaler Kupplung. (Die Fotos können mit einem Klick vergrößert werden.)

Seiko Velatura Chronograph

Neu und anders beim Kaliber 8R28 – und exklusiv bei Seiko – ist, dass der Chronographenmechanismus nicht nur eine, sondern drei vertikale Kupplungen besitzt. Das bedeutet, dass jeder Chronographenzeiger – nicht nur der für die Sekunden, sondern auch die für die Minuten und Stunden – von einer vertikalen Kupplung angetrieben wird. Der Minuten- und der Stundenzähler (bei 9 bzw. 6 Uhr) werden also nicht wie üblich über einen Finger vom Sekundenzeiger des Chronographen angetrieben, sondern direkt über das Stunden- und Kanonenrad des Hauptzahnrads. Dies hat zur Folge, dass sich die Zeiger für den Minuten- und Stundenzähler ebenso gleichmäßig und kontinuierlich bewegen wie der Sekundenzeiger des Chronographen.

Die Konstruktion ist ebenso raffiniert wie einfach: Wenn die Chronographenfunktion gestartet wird und man die Krone – auch versehentlich – in die Position zum Einstellen des Zeigers herauszieht, bleibt der Sekundenzeiger des Chronographen stehen, da das Kaliber 8R28 über einen Hack-Mechanismus verfügt und der Sekundenzeiger des Chronographen mit dem durchgehenden Sekundenzeiger der Zeitanzeige verbunden ist. Wenn Sie die Krone in dieser Position drehen, um die Uhrzeit einzustellen, werden auch die Minuten- und Stundenzähler mitbewegt. Die beiden Chronographenzähler – d. h. die entsprechenden Räder auf denselben Achsen – bleiben mit dem Kanonentrieb und dem Stundenrad verbunden. Wird der Chronograph jedoch gestoppt, bleibt die verstrichene Zeit erhalten, während die Minuten- und Stundenzähler in ihren Positionen bleiben.

Seiko Caliber 8R28
Der dreizackige Hammer (links, in der Mitte, zwischen den Minuten-, Sekunden- und Stundenzählerrädern) sorgt dafür, dass alle Chronographenregister gleichzeitig auf Null zurückgehen.

Die Chronographenfunktionen sind an der roten Farbe der Markierungen und Zeiger zu erkennen. Dasselbe Rot findet sich auf den Chronographendrückern, deren Schutzringe mit roten Rillen versehen sind, so dass man leicht erkennen kann, ob die Drücker eingeschraubt sind oder nicht.

Der Velatura unterscheidet sich auch in anderer Hinsicht vom Rest des Pakets. Die Drückerschutzringe werden in der entgegengesetzten Richtung ver- und entriegelt, wie man es erwarten würde – das heißt, sie werden zum Öffnen gegen den Uhrzeigersinn (zum Gehäuse hin) und zum Verriegeln im Uhrzeigersinn gedreht. Die Krone hingegen funktioniert auf traditionelle Weise, d. h. man dreht sie gegen den Uhrzeigersinn, um sie zu öffnen, und im Uhrzeigersinn, um sie zu verriegeln. Alle Verschraubungen funktionieren reibungslos und sind leicht zu bedienen. Die großen Kerben der Krone erleichtern das Greifen und Bewegen; sie lässt sich leicht in die Positionen für den schnellen Datumswechsel und das Einstellen des Stunden- und Minutenzeigers einrasten. Zum Starten und Stoppen des Chronographen ist ein gewisser Druck erforderlich; das Zurücksetzen ist etwas einfacher. Jede Bewegung macht ein hörbares Klicken.

Die Frequenz des Kalibers 8R28, 28.800 Umdrehungen pro Stunde, ermöglicht die Messung von 1/4- oder 1/8-Sekundenschritten. Die Spur auf dem inneren Flansch des Zifferblatts zeigt drei winzige Unterteilungen zwischen jeder Sekunde an. Am äußeren Rand sind bei jeder Fünf-Minuten- (oder Fünf-Sekunden-) Marke arabische Ziffern aufgedruckt.

Seiko Velatura chronograph — Dial Detail
Die Details: kleine Sekunde in Blau, Chronographenfunktionen in Rot; Stoppuhr-Sekundenspur auf dem Zifferblattrand; Leuchtmarkierungen in erhabenen Fassungen; klare Datumsanzeige

Die mehrstufige Anzeige verleiht der Uhr ein Gefühl von Tiefe. Unterhalb der Minuterie befindet sich ein zweiter, polierter Ring mit den Stundenmarkierungen: acht runde und zwei rechteckige Markierungen sowie ein imposantes Dreieck bei 12 Uhr. Sie alle leuchten im Dunkeln hell auf und bieten eine klare Orientierung. Gut sichtbare Zeiger mit leicht unterscheidbaren Formen weisen auf die Stunden und Minuten hin. Um die Sekunden im Dunkeln zu sehen, muss man allerdings die Stoppuhrfunktion nutzen, da nur der Chrono-Sekundenzeiger über einen Leuchtpunkt verfügt. Die drei Hilfszifferblätter sind in der Dunkelheit überhaupt nicht sichtbar. Bei guter Beleuchtung ist es jedoch einfach, die Sekundenanzeige von den Stunden- und Minutenzählern zu unterscheiden, da der erste blau und die beiden letzteren rot sind.

Das Gehäuse und das Armband der Velatura bestehen aus einer Mischung verschiedener Materialien. Das Zifferblatt ist aus Karbonfaser gefertigt, die auch auf der Lünette verwendet wird. Die Lünette ist von einem schwarzen Edelstahlring mit sechs markanten, trapezförmigen Krallen umgeben, die alle Velatura-Modelle auszeichnen. Die verschiedenen Kreuzschlitzschrauben – an den erhabenen Lünettenkrallen sowie an der Krone und ihren Flanken – sind ebenfalls ein Markenzeichen der Velatura-Kollektion. Die Seitenansicht der Uhr offenbart ihre wahren Dimensionen. Durchmesser und Höhe werden zu einem großen Teil von der massiven Lünette bestimmt, die wie ein Schlossturm über dem Gehäusekörper thront. Der darunter liegende mittlere Gehäuserahmen fällt kaum auf, da er nach unten zu den Bandanstößen hin abfällt. Man würde kaum vermuten, dass die Uhr sehr angenehm zu tragen ist, ein Vorteil, den sie ihrer ergonomischen Form verdankt. Das aus Edelstahl und Urethanelementen gefertigte Armband geht harmonisch in die Bandanstöße über und trägt dazu bei, dass die Uhr auch an einem schmalen Handgelenk bequem sitzt. Seine Flexibilität sorgt zudem dafür, dass der recht schwere Zeitmesser beim Tragen nicht nach vorne kippt. Geschlossen wird die Uhr mit einer leichtgängigen Faltschließe, mit der sich die Länge des Armbands fein justieren lässt.

Seiko Velatura chronograph - back
Hinter dem verschraubten Saphirglasboden tickt der Säulenrad-Chronograph Kaliber 8R28 von Seiko mit seinen drei vertikalen Kupplungen und dem einteiligen, dreizackigen Hammer.

Die Gangresultate der Velatura sind nicht schlecht, wenngleich sie variabel sind. Die Uhr gewinnt vier bis fünf Sekunden pro Tag am Handgelenk, so dass der durchschnittliche Tagesgang 4,6 Sekunden beträgt – ein gutes Ergebnis. Auf der elektronischen Zeitwaage zeigte die vollständig aufgezogene Uhr ein Ergebnis zwischen +4 Sekunden pro Tag in der Position “Zifferblatt oben” und -4 Sekunden in der Position “Krone oben”. Bei eingeschaltetem Chronographen ändert sich der Gang kaum. Auffallend sind jedoch die relativ geringen Amplituden, die in einigen Positionen nach 24 Stunden unter 200° fallen. Dennoch scheint dies keinen negativen Einfluss auf die Gesamtergebnisse zu haben.

Mit der Velatura beweist Seiko einmal mehr, dass es sich um eine Manufaktur handelt. Diese Uhr dürfte jeden ansprechen, der auf der Suche nach einem zuverlässigen Chronographen mit dominantem Aussehen ist. Und bei einem Preis von nur 3.800 $ für einen soliden mechanischen Chronographen mit hauseigenem Uhrwerk, würden viele sie als Schnäppchen betrachten.

SPEZIALIEN
Hersteller: Seiko Watch Corp. 1-2-1 Shibaura, Minao-ku, Tokio 105-8459, Japan
Referenznummer: SRQ001J1
Funktionen: Stunden, Minuten, kleine Sekunde, Datumsanzeige, Chronograph
Uhrwerk: Seiko 8R28 Automatik; 28.800 U/min; 34 Lagersteine; Diashock-Stoßsicherung; Glucydur-Unruh; flache Invar-Spirale; Gangreserve von über 45 Stunden; Durchmesser = 28 mm; Höhe = 7,2 mm; dekoriert mit Côtes de Geneve; teilweise skelettierter Rotor
Gehäuse: Edelstahl/Kohlefaser; entspiegeltes Saphirglas vorne und hinten; wasserdicht bis 10 ATM
Armband und Schließe: Edelstahl und Urethan mit Faltschließe
Abmessungen: Durchmesser = 47,17 mm; Höhe = 15,45 mm; Gewicht = 207 g
Preis: $3.800